Predigt 7. Sonntag nach Trinitatis zu Lukas 9, 10 – 17 22.7. 07 Dialogpredigt


Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus!


Die Speisung der Fünftausend
10Und die Apostel kamen zurück und erzählten Jesus, wie große Dinge sie getan hatten. Und er nahm sie zu sich, und er zog sich mit ihnen allein in die Stadt zurück, die heißt Betsaida. 11Als die Menge das merkte, zog sie ihm nach. Und er ließ sie zu sich und sprach zu ihnen vom Reich Gottes und machte gesund, die der Heilung bedurften. 12Aber der Tag fing an, sich zu neigen. Da traten die Zwölf zu ihm und sprachen: Laß das Volk gehen, damit sie hingehen in die Dörfer und Höfe ringsum und Herberge und Essen finden; denn wir sind hier in der Wüste. 13Er aber sprach zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen. Sie sprachen: Wir haben nicht mehr als fünf Brote und zwei Fische, es sei denn, daß wir hingehen sollen und für alle diese Leute Essen kaufen. 14Denn es waren etwa fünftausend Mann. Er sprach aber zu seinen Jüngern: Laßt sie sich setzen in Gruppen zu je fünfzig. 15Und sie taten das und ließen alle sich setzen. 16Da nahm er die fünf Brote und zwei Fische und sah auf zum Himmel und dankte, brach sie und gab sie den Jüngern, damit sie dem Volk austeilten. 17Und sie aßen und wurden alle satt; und es wurde aufgesammelt, was sie an Brocken übrigließen, zwölf Körbe voll.

Liebe Gemeinde,
der heutige Predigttext ist eine Wundergeschichte. Jesus heilt Kranke und macht 5000 Menschen satt. Das ist ein Wunder!
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1. These: „Wundergeschichten sind nicht real!"
Ich kann diese Geschichte einfach nicht glauben. Es ist doch gar nicht vorstellbar,
dass so eine kleine Menge Essen für so viele Menschen reichen soll. Sicher bin ich
bestimmt kein Rechengenie, aber das kann selbst ich mir leicht errechnen, das mit
5 Broten und 2 Fischen keine 5000 Menschen satt zu kriegen sind.
Diese Menge kann ich an guten Tagen leicht alleine verputzen.
Ich finde es schon ein bisschen dreist, wenn die Bibel von mir verlangt das zu
glauben. Schließlich schalte ich doch meinen Verstand bei Lesen der
Bibelgeschichten nicht aus. Soll ich mich denn dümmer stellen, als ich wirklich bin?
So etwas ärgert mich, weil ich einfach weis, dass es so etwas nicht geben kann.
Was soll ich also mit dieser Geschichte anfangen? Augen zu und durch, und immer
schön an das Wunder glauben?
Genau das ist das Problem der Christen. Deshalb werden wir von vielen in der
Gesellschaft belächelt. Und nichts kann ich dagegen sagen, wenn Bekannte mich
ansprechen und fragen: „Das mit dem Glauben ist ja eine gute Sache, und die Kirche
macht ja auch viel gutes für die Gesellschaft, die Armen und Kranken, aber muss
man wirklich an all diese Wundergeschichten glauben, wenn man in der Kirche ist?"
Dann stehe ich immer etwas beschämt da. Fühle mich peinlich berührt.
Wegen solcher Texte heißt es auch über uns Gläubige: „Christen, das sind welche,
die noch immer nicht begriffen haben, wie die Naturgesetze funktionieren, die
Glauben halt an ihre Wunder!"
5 Brote und 2 Fische, lassen wir doch diesen Unsinn, reden wir lieber von
Vernünftigen Dingen.
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Fünf Brote und zwei Fische - und alle werden satt. Warum erzählt die Bibel davon, wie Jesus als Brotgeber auftritt? Warum ist die Sättigung hungernder Menschen wichtig? Wir wissen von Israels Wanderung durch die Wüste. Als es dort nichts zu essen gibt, probt das Volk Israel einen Aufstand gegen den, dem es seine Freiheit verdankt. Gegen Moses - und gegen Gott. Knurrende Mägen schaffen murrende Seelen. Denn Hunger zerrüttet den Menschen und nimmt ihm seine Würde. Habe ich Hunger, wirklich Hunger, bin ich nur noch Körper - und meine Gedanken und Ziele sind nur noch auf Essen ausgerichtet. Essen ist etwas Elementares und Jesus kümmert sich um all unsere Bedürfnisse, nicht nur die geistigen.

Es mag großes Erstaunen bei uns hervorrufen, dass alle Menschen satt wurden und noch so viel übrig blieb. Wie soll das möglich sein? Als ich Kind war, dachte ich, dass Jesus das Brot und die Fische so vermehrt hat, dass alle satt werden und trotzdem noch einiges übrigblieb. Doch davon steht nichts im Text. Hier steht, dass Jesus das, was er hatte, austeilen lies. Und ich glaube, hier liegt das große Wunder. Jesus hat die Menschen veranlasst, das was sie bei sich hatten, mit anderen zu teilen. Jeder der Anwesenden dachte ausnahmsweise nicht nur an sich, sondern auch an seinen Mitmenschen und teilte mit ihm, was er hatte. Denn es ist ja kaum vorstellbar, dass sich 5000 Menschen Hals über Kopf auf den Weg gemacht haben, ohne etwas Proviant mitzunehmen. Die Menschen und auch die Jünger haben Hunger, also was tun? Für die Jünger ist klar, nach Hause gehen oder irgendwie noch etwas besorgen! Aber Jesus hat eine bessere Idee: Die Menschen ordnen und Vorhandenes miteinander teilen. Das dies so reibungslos geklappt hat und alle satt geworden sind, ja sogar noch etwas übrigblieb, das ist das Wunder. Die Menschen haben nicht nur an sich gedacht – ob sie dann auch noch morgen früh zu essen haben – sondern haben geteilt. Das ist wunderbar!

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2. These: „Gegen das Teilen!"
Teilen, Teilen, Teilen. Das Wunder des Teilens! Das klingt ja alles ganz toll. Doch leider gibt es so etwas heute kaum noch. Die Menschen sind egoistischer geworden. Die meisten denken nur noch an sich selbst. Jeder macht das Seine, und man möchte möglichst wenig mit dem anderen zu tun haben. Viele sind so mit sich selbst beschäftigt, dass sie ihr Gegenüber kaum noch wahrnehmen. „Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht". Mit diesem Motto gehen viele durchs Leben. Teilen, das ist doch naiv und auch gefährlich. Teilst du mit jemandem anderen, hast du selbst nicht mehr so viel. Und das ist heute schlecht. Höchstens Kindern kann man noch einreden, dass Teilen lieb und fein ist. Und die herzerweichende, rührselige Geschichte von St. Martin, der selbstlos seinen Mantel mit dem armen Bettler in der bitterkalten Nacht teilt, ist nun auch wirklich ausgelutscht. Denn selbst die Kinder auf dem Schulhof merken doch schnell, wie leicht man beim Teilen übers Ohr gehauen werden kann. Da werden Süßigkeiten geteilt, aber wenn man selbst mal etwas möchte, ist nichts mehr für mich übrig. Jeder schaut doch, dass er das möglichst größte Stück vom Kuchen abbekommt. Geld und Besitz vermehren sind die wahren Lebensziele. Reichtum ist erstrebenswert, aber teilen?
Doch, eines teilen wir auch heutzutage noch gerne. Leid, Sorgen und Schulden. Denn wie heißt es ja so schön: „Geteiltes Leid, ist halbes Leid!" Eine der wenigen Situationen, wo wir auch mal mit weniger zufrieden sind.
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Wir teilen aber auch positives, Liebe Freundschaft und Glück und das Abendmahl.
Beim Abendmahl teilen wir Brot und Wein, im Gedenken an Jesus. Da kommt ja auch keiner und sagt, ich will aber mehr, so ein Schluck genügt nicht, ich bin immer noch durstig. Nein, wir teilen gerne miteinander, geben den anderen gerne etwas ab.
Aber es gibt ja noch vielmehr Wunder in der Bibel

Zum Beispiel die Heilungsgeschichten. Da werden Blind, Lahme und Aussätzige geheilt. Oder bei der Hochzeit zu Kanaan, da hat Jesus Wasser zu Wein verwandelt – auch ein Wunder. Dann haben wir noch das bekannteste und größte Wunder, die Auferstehung. Er war 3 Tage lang tot, dann ist er auferstanden. Wenn das kein Wunder sein soll, weis ich auch nicht.
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3. These: „Wo gibt es denn heute noch Wunder?"
Das mit den Wundergeschichten in der Bibel ist ja alles schön und gut. Doch was
habe ich heute denn davon. Wunder, die gab es zu biblischen Zeiten, heute nicht
mehr.
Da kann ich nur sagen: Pech gehabt! Schade, dass wir zu spät geboren sind um
noch Wunder zu erleben! Leider zu falschen Zeit am falschen Ort!
Schon die einfachen sechs Fragen aus der Sesamstraße (Wer, Wie, Was, Wieso,
Weshalb, Warum?) entlarven den Glauben an heutige Wunder. Beispiel gefällig?
Wer lässt ein Wunder geschehen, wenn ich heute krank und hilflos bin?
Wie lange müssen wir noch auf ein Wunder warten, dass den Hunger in der Welt
besiegt?
Was muss noch geschehen, bis ein Wunder unsere Umweltzerstörungen stoppt?
Wieso passiert kein Wunder und finde eine neue Stelle, die mich aus der
Arbeitslosigkeit herausholt?
Weshalb bleibt das Wunder aus, wenn ich tagtäglich die Kriegsbilder und das Leid
der Menschen im Fernsehen anschaue?
Warum geschieht heute kein Wunder, welches die Ungerechtigkeiten in der Welt
auslöscht?
Was nutzt uns also der Blick in die Vergangenheit, in ein besseres gestern? Macht der nicht alles noch schlimmer und unerträglicher? Jesus müsste heute und jetzt hier sein und seine Wunder vollbringen. Heute brauchten wir ein Wunder! Aber die gibt es heute einfach nicht mehr!
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Wer sagt denn, das es keine Wunder mehr gibt? Es kommt auch darauf an was man als Wunder ansieht. Außerdem benutzt auch du das Wort „Wunder“ öfters.
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Ach ja? Wann denn?
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Du sagst doch z. B. wunderbar, wunderschön, oder wundervoll. Da steckt überall das Wort Wunder drin. Es ist so schön, oder so toll, dass wir es nicht anders als mit einem Wunder beschreiben können. Das Wunder des Lebens, das Wunder der Geburt. Jeder der Kinder hat kennt dieses Wunder. Es lässt sich schwer anders beschreiben, auch wenn der Begriff schon etwas abgenutzt ist.
Oft sind es auch die kleinen Dinge, die uns staunen lassen. Ein Sonnenuntergang, ein Lied, ein Lächeln oder – was du besonders gut verstehen müsstest – ein wunderbares Essen.
Natürlich sind sie logisch betrachtet kein Wunder, sondern erklärbar. Aber nicht ganz. Was macht ein Essen denn so wundervoll? Nur die Kochkunst? Nein, wir müssen auch in der richtigen Stimmung sein, und das Ambiente und die Menschen um uns rum müssen stimmen, um das Essen genießen zu können, sonst wird das Essen zur bloßen Nahrungsaufnahme. Man muss sich darauf einlassen können. So wie die Menschen damals sich darauf eingelassen haben zu teilen. Die Stimmung war gut und keiner wollte wahrscheinlich jetzt wegen des Essens nach Hause gehen. So geschah das Wunder, 5 Brote und 2 Fische und alle wurden satt.
In diesem Wunder liegt nämlich auch eine herrliche Verheißung. Jesus selbst gibt uns das Brot, mit dem wir andere speisen sollen. Es wird uns ein Leben lang nicht ausgehen, so dass wir von der Liebe und Fürsorge unseres Herrn reichlich geben können. Und wir werden von allem, was wir austeilen noch genug für uns selbst haben, da müssen wir keine Sorge haben.
Ob die Menschen dadurch zum Glauben gekommen sind, wird nicht erzählt. Aber dieses Wunder sorgte dafür, dass die Menschen eine ganzheitliche Gemeinschaft, eine Gemeinde waren. Eine Gemeinde, wie auch wir heute, die auf Gottes Wort hört und miteinander seine Gaben teilt.


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserm Herrn.
Amen